Veröffentlichung
Signorini R, di Lascio N, Brero L, Genolet J, Lindner A (2024)
Effect of conditioning horses with an increasing number of high intensity intermittent exercise runs. (PDF)
Pferdeheilkunde Equine Med 40, 357–363, DOI 10.21836/PEM20240409
Hintergrund
Training mit hochintensiven intermittierenden Belastungen (High-Intensive Intermittent Exercise HIIE) ist eine Form des Intervalltrainings, das aus kurzen Belastungen mit nahezu bis maximaler Geschwindigkeit besteht, die durch Ruhephasen unterbrochen sind. Es ist allgemein bekannt, dass Training mit HIIE die Leistung von Spitzensport treibenden Menschen wirksam verbessert, wenn auch die Protokolle stark variieren. Die Verbesserung der Leistung wird auf Veränderungen des maximalen Sauerstoffverbrauchs, der Schnellkraft, der Laktatschwelle, der Belastungsdauer und der Bewegungsökonomie zurückgeführt. Die Wirkung von HIIE-Training von Pferden wurde häufig untersucht. Dabei war die Intensität der Belastungen auch wie beim Menschen nahezu bis maximal und die Dauer der Intervalle lag über 30 s. Dagegen gibt es nur wenige Studien zum HIIE-Training von Pferden mit Intervallen, die viel kürzer als 30 s sind. Diese Art von Belastung wird auf dem amerikanischen Kontinent bevorzugt beim Training von Rennpferden verwendet, insbesondere von Pferden, die bis zu 400 m rennen.
Lindner et al. (2012) beschrieben eine Abnahme von v4 (Geschwindigkeit, die unter definierten Bedingungen eine Blutlaktatkonzentration von 4 mmol/l induziert), nachdem Pferde 6 Wochen lang mit HIIE-Einheiten von zwei 100-m-Läufen bei nahezu maximaler Geschwindigkeit ein-, zwei- und dreimal pro Woche trainiert wurden. Dieser Rückgang der v4 könnte sich negativ auf die Rennleistung auswirken, da sich gezeigt hat, dass Rennpferde mit einer höheren v4 bessere Leistungen erbringen. In der aktuellen Studie wurde der Effekt eines Trainings auf v4 und die maximale Laufgeschwindigkeit (Speedmax) untersucht, indem Pferde während der HIIE-Einheiten 8 Wochen lang einmal pro Woche eine steigende Anzahl von Läufen absolvierten. Die Hypothesen waren, dass Speedmax steigt und v4 unverändert bleibt.
Handlungen
Sechs Englische Vollblüter wurden mit Zustimmung ihrer Besitzer für diese Studie verwendet. Die Pferde hatten 2–4 Jahre lang Rennen bestritten, bevor sie in die Studie aufgenommen wurden, waren aber zum Zeitpunkt der Studie vom Trainer als nicht ausreichend für Rennen vorbereitet eingestuft worden. Alle Pferde wurden 6–8 Wochen vor der 8-wöchigen Trainingsperiode an die Belastung gewöhnt, indem sie zweimal pro Woche ein bis zwei schnelle 100-m-Läufe und einmal pro Woche bis zu 30 Minuten lang Trab und Galopp absolvierten. An den anderen Tagen wurden leichte Arbeiten (Schritt und Trab für 30 min) durchgeführt. Es gab keine Kontrollgruppe, da die Belastungstests stressreich, schmerzhaft und riskant für die Gesundheit solcher Pferde sein können, die nicht richtig konditioniert sind.
Die Pferde wurden, während der 8-wöchigen Trainingsperiode (TP) auf einer Sandrennbahn mit einer HIIE-Einheit pro Woche belastet; diese bestand in den ersten beiden Wochen der TP aus zwei 100-m-Läufen mit nahezu maximaler Geschwindigkeit, die durch 10 Minuten Schritt unterbrochen wurden. Nach jeder zweiten Woche wurde während der TP die Anzahl der Läufe um einen erhöht, so dass in den letzten 2 Wochen der TP fünf Läufe pro HIIE-Einheit absolviert wurden. Vor der TP absolvierten die Pferde einen submaximalen standardisierten Belastungstest (SETsubmaximal) und einen maximalen Geschwindigkeitstest (SETspeedmax), um jeweils ihre v4 und ihre Speedmax zu bestimmen. Bis zum Ende der TP wurden dann alle 2 Wochen ein SETsubmaximal sowie nach 4 und 8 Wochen ein SETspeedmax durchgeführt.
Vor einer HIIE-Einheit wurden die Pferde mit 10–15 Minuten Schritt und Trab aufgewärmt. Die Pferde wurden dann vor jedem Lauf bis auf ca. 10 m Abstand von der Startlinie der 100-Meter-Strecke geritten. Auf ein visuelles Signal hin begann der Lauf damit, dass die Pferde so schnell wie möglich die Startlinie überquerten. Im Moment des Überquerens der Startlinie gab eine dort positionierte Person ein visuelles Signal für eine andere Person an der Ziellinie, um die Laufzeit mittels einer Stoppuhr zu messen und die Gesamtgeschwindigkeit zu bestimmen. Zwischen den Läufen gab es eine 10-minütige Schrittphase.
Für SETspeedmax wurden die Pferde wie bei den HIIE-Einheiten behandelt. Sie liefen aber insgesamt nur einmal über 150 m, wobei die Geschwindigkeit nur zwischen 50 und 150 m der Strecke mit einem drahtlosen Geschwindigkeitsmessgerät gemessen wurde. Die Schrittlänge wurde mechanisch in 50-m-Abschnitten der 150-m-Strecke gemessen zwischen der Markierung, wo der Fuß des Standbeins den Boden berührte, und der Markierung, wo derselbe Fuß das nächste Mal auf den Boden traf. Die Schrittfrequenz wurde berechnet, indem die letzten 100 m des 150-m-Laufs durch die Schrittlänge über diese Distanz geteilt wurde.
Der SETsubmaximal bestand aus mehreren Intervallen. Die Laufgeschwindigkeit der Pferde im ersten Intervall betrug 6 m/s, und nahm in jedem aufeinanderfolgenden Intervall so zu, dass ein kontinuierlicher Anstieg der Blutlaktatkonzentration [LA] von Basalwerten auf bis zu 4 mmol/l in nicht weniger als drei und nicht mehr als fünf Intervallen stattfand. Alle Blutproben wurden innerhalb von 20 s nach Beendigung eines Intervalls aus der Jugularvene in Na-heparinisierten Vakuumröhrchen entnommen und die Laktatkonzentration [LA] sofort bestimmt. Wenn ein Pferd eine [LA] ≥ 4 mmol/l erreichte, wurde der SETsubmaximal beendet. Mittels einer Regressionsgleichung wurde aus der Blutlaktat-Laufgeschwindigkeitskurve die v4 der Pferde berechnet.
Ergebnisse
Die Geschwindigkeiten, die während der 100-m-Läufe erreicht wurden, lagen zwischen 12 und 17 m/s. Die mittlere Schrittlänge und-frequenz der Pferde, die den SETspeedmax liefen, nahm in den aufeinanderfolgenden 50-m-Intervallen signifikant zu. Während der TP kam es aber zu keiner signifikanten Veränderung dieser beiden Parameter. Speedmax stand nicht in Beziehung zur mittleren Schrittlänge oder -frequenz über die letzten 100 m der 150 m des SETspeedmax. Speedmaxnahm während der TP tendenziell zu. Die mittlere v4 der Pferde nahm zwischen der zweiten und vierten Trainingswoche ab, stieg danach aber wieder an, um dann auf dem Ausgangsniveau zu bleiben.
Die erste Hypothese dieser Studie (Speedmax steigt) bewahrheitete sich nicht, denn die mittlere Speedmax der Pferde verbesserte sich nicht signifikant während der 8-wöchigen TP. Es zeigte sich jedoch eine starke Tendenz zur Erhöhung der Geschwindigkeit. Die Geschwindigkeit ist der wichtigste Leistungsparameter im Rennsport, insbesondere bei kürzeren Renndistanzen. Die Geschwindigkeit ist eine Kombination aus Schrittfrequenz und -länge. In dieser Studie veränderten sich beide Parameter, während der 8-wöchigen TP, zwar nicht signifikant, allerdings nahm die mittlere Schrittlänge mit jedem 50-m-Abschnitt der Renndistanz deutlich zu. Dieses Verhalten – es dient unter Feldbedingungen dazu, schneller zu laufen – wurde bereits mehrmals beschrieben.
Die zweite Hypothese dieser Studie (Rückgang von v4 wird vermieden) wurde akzeptiert: Die mittlere v4 der Pferde war am Ende die gleiche wie zu Beginn der TP, wobei es in der ersten Hälfte der TP eine signifikante Abnahme gab. Lindner et al. (2012) beschrieben eine Abnahme der v4 von Pferden, die 6 Wochen lang ein- bis dreimal pro Woche mit HIIE-Einheiten von zwei 100-m-Läufen bei nahezu maximaler Geschwindigkeit trainiert wurden. Die Ergebnisse der aktuellen Studie deuten darauf hin, dass ein Rückgang von v4 vermieden werden kann, wenn Pferde während einer HIIE-Einheit mehr als dreimal über 100 m laufen. Und dies schon bei einem Mal pro Woche.
Spitzen-Rennpferde können die Höchstgeschwindigkeit länger aufrechterhalten als durchschnittliche Rennpferde. Die Ausdauer spielt dabei eine wichtige Rolle. Seit langem wird v4 verwendet, um die Wirkung von Training auf die Ausdauer zu untersuchen, und es hat sich gezeigt, dass Rennpferde mit einer höheren v4 höhere Geschwindigkeitsrekorde erreichen und mehr verdienen. Untersuchungen beim Menschen lassen vermuten, dass Sprinter von Ausdauertraining profitieren, weil die Resynthese ihrer Muskelphosphokreatinspeicher schneller verläuft.
Schlussfolgerungen
Das angewendete Trainingsprogramm verursachte keinen Rückgang der v4 der Pferde nach 8 Wochen Training. Allerdings nahm in dieser Zeit die Laufgeschwindigkeit nur tendenziell zu. Weitere Studien sind erforderlich, um die Effekte von gezieltem Training besser zu verstehen und entsprechende Programme für die Praxis zu entwickeln. So fehlen zurzeit Daten über die Wirkung eines Trainingsprogramms, in dem Pferde ein- bis zweimal pro Woche mit einer Kombination aus HIIE und länger andauernden langsamen Belastungen belastet werden.
Zitierte Literatur
Lindner A, Signorini R, Brero L, Arn E, Mazzini R, Enriquez A (2012) Effect of conditioning horses once, twice, or thrice a week with High-Intensity-Intermittent exercise on v4. J Equine Vet Sci 32, 153–157; DOI 10.1016/j.jevs.2011.08.009